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Bio oder nicht Bio, ist das noch die Frage?

"Der Stoff, aus dem die Träume sind", betitelte die Zeitschrift Vinum einen Artikel, der davon zu berichten wusste, dass der biologische Weinbau unter Spitzenwinzern immer weitere Verbreitung findet. 1 Wein aus biologischem Anbau ist eine gute Sache — vorausgesetzt die Qualität stimmt. In der Tat bekommt es Wein und Weintrinker gut, wenn ersterer biologisch angebaut wird, von der vermiedenen Belastung der Umwelt ganz zu schweigen. Also, Bio ist prima, Bio ist jedoch nicht alles; ich erinnere mich noch mit Grausen einiger Biobrote, die beim Schneiden in tausend Krümel zerfielen und schmeckten, als wären sie nie gebacken worden, von einigen Bioweinen ganz zu schweigen. Neben dem Verzicht auf Chemikalien erfordert es Arbeit, Kenntnis und etwas Leidenschaft, um einen guten Wein zu machen. Und das Wissen darum, dass biologisch orientiertes Arbeiten der Weinqualität förderlich ist, ist weiter verbreitet als manche Bioverbände suggerieren. So empfiehlt zum Beispiel der Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP) seinen Mitgliedern den völligen Verzicht auf Herbizide.

Generell lässt sich sagen, viele an der Qualität, nicht an der Quantität orientierte Winzer arbeiten seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten, nach ähnlichen oder gleichen Kriterien wie sie von den diversen Bioverbänden vorgeschrieben werden. Spricht man den renommierten Biowinzer Clemens Busch von der Mosel darauf an, sagt er sinngemäß: ein gut geführter konventioneller Betrieb macht im Grunde nichts anderes als wir. 2 Für den amerikanischen Weinkritiker Robert M. Parker soll ein großer Wein folgende Merkmale aufweisen: "1. Bewahrung der Integrität des Rebberges, der Identität der Rebsorte und der Persönlichkeit des Jahrgangs. 2. Niedrige Erträge. 3. Ernte von physiologisch (im Gegensatz zu analytisch) reifen Früchten. 4. Einfache Kellertechnik. Man überlässt den Wein weitgehend seiner Entwicklung. 5. Wenn immer möglich auf Filtration und Schönung verzichten." 3 Diese Aufzählung könnte auch aus einem Lehrbuch zum Anbau hochwertiger Bioweine stammen.

Also, warum machen alle diese Winzer dann nicht gleich ausgewiesene Bioweine? Wie immer sind die Gründe vielfältig. Der Eine spart sich die Gebühren für Verbände und Zertifizierung, der Andere möchte sich die Option offen halten, in schwierigen Jahren eben doch einmal ein chemisches Mittel einzusetzen. Weitere arbeiten zwar ökologisch, meinen aber, die Kunden seien durch die zahlreichen Ökoverbände und -siegel, welche längst nicht immer das halten, was sie versprechen, ohnehin verwirrt genug und verlassen sich lieber auf sich selbst und ihren Ruf als Qualitätsproduzenten. So arbeitet der Winzer Klaus Zimmerling aus Sachsen zwar entsprechend den Forderungen des kontrolliert ökologischen Anbaus, seine Etiketten weisen die Weine jedoch schlicht als sächsischen Landwein aus, das ist alles. Kein Hinweis auf Bio, kein Prädikat — man muss ja schließlich auch nicht in der Kirche sein, um an Gott zu glauben!

Nicolas Joly, der Guru der biodynamischen Winzer in Frankreich und Erzeuger des legendären "La Coulée de Serrant", fasst seine Meinung zum Thema folgendermaßen zusammen: "Die Streitfrage 'bio oder nicht bio' ist Schnee von gestern. Auch die Natur produziert Gifte. Das Etikett 'bio', anfangs sehr wohl erforderlich, ist im Grunde ein bisschen lächerlich geworden; selbst exzessive Kali- oder Nitratanreicherung (aus allzu frischem Dung) wie auch Hybridzüchtungen oder gensaturierte Getreidesorten gehen noch als 'bio' durch! Die Qualität hingegen, da sie nicht greifbar, nicht konkretisierbar ist, wird von den einschlägigen Gesetzen gar nicht erst erfasst." 4

Wem also trauen, woran sich halten? "Sapere aude!" sagt der Philosoph Kant dazu, das heißt, man sollte den Mut haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen und, so möchte ich ergänzen, des eigenen Geschmacks!

1 Vinum, 6/1998.ˆ
2 Zur Lage des deutschen Weins, Klett-Cotta, Stuttgart, 2003, 2. Auflage.ˆ
3 Vinum, a.a.O.ˆ
4 Nicolas Joly, Beseelter Wein, Hallwag, Bern, 1998.ˆTop

 

 

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